Umbauwagen 34 039

Die Fakten

Umbaujahr 1959
Hersteller AW Hannover-Leinhausen
Länge über Puffer 19,5 m
Gewicht 30,0 t
Höchstgeschwindigkeit 120 km/h
Drehgestelle Bauart Minden-Deutz leicht (mit Tiefanlenkung)
Wagennummer 55 80 38-11 484-6

Geschichte

des Umbauwagens 34 039

  • Unter den vierachsigen Umbauwagen, die die junge Bundesbahn ab Mitte der 50er Jahre konzipierte, war die Wagenbauart mit 1. und 2. Wagenklasse die letzte, die auf die Schiene gestellt wurde (Gattung AB4yg). Unser Wagen gehörte zur letzten Umbauserie überhaupt, die mit den bereits modifizierten Minden-Deutz-Neubaudrehgestellen mit der sogenannten Tiefanlenkung des Drehzapfens versehen wurde, um die Laufruhe bei hoher Geschwindigkeit weiter zu verbessern.

    Der Waggon wurde bereits 1987 bei der Bundesbahn als Eilzugwagen ausgemustert, jedoch nicht verschrottet, sondern in Zusammenarbeit mit der Dortmunder Thier-Brauerei zu einem Theaterwagen umgebaut. Ab 1989 war er einige Jahre lang als rollendes Theater in ganz Deutschland unterwegs und gab unter anderem ein längeres Gastspiel in Stuttgart. Ab Mitte der 90er Jahre stand er dann im Eigentum der Stadt Hamm/Westf. auf dem ehemaligen Postgleis im Hammer Hauptbahnhof als nunmehr stationäres Theater im Bahnhof. Unser Lokführer Fritz Kindervater kannte den Wagen noch aus der Zeit, in der in Hamm fleißig rangiert werden musste.

  • Im Laufe der Zeit wurden die Veranstaltungen im Bahnhof Hamm weniger, das stillgelegte Postgleis verwucherte und die Stadt Hamm sah Handlungsbedarf, den Waggon abziehen zu lassen. So übergab man ihn in die Obhut des Vereins Museumseisenbahn Hamm, welcher ihn nach kurzer Suche nach einem sinnvollen Nutzer an uns verkaufte. Wolfgang Osthues, Ausbildungslokführer bei DB Railion in Hagen, nutzte Mitte August 2007 die Möglichkeit, bei einer planmäßigen Schulungsfahrt Hamm – Brackwede den Waggon bis Lemgo überführen zu können. Etwa acht Wochen wurde er hier an der Laderampe, an der vor einigen Jahren unser Fährwagen restauriert worden war, zwischengeparkt und schließlich in zweiter Etappe Mitte Oktober mit unserem Turmtriebwagen bei einer planmäßigen Streckeninspektion ins Extertal überführt.

    Hier wurden zunächst einige zerbrochene Scheiben ersetzt, der Wagen also wetterfest gemacht, danach ging es an die genaue Schadensaufnahme für die betriebsfähige Aufarbeitung. Das alte Mobiliar im Inneren wurde bereits gesichtet und sortiert; Sperrmüll wurde entsorgt und altbrauchbare Teile eingelagert.

  • Zeitgleich lief ein Projekt für Studenten der Fachhochschule Lippe, Vorschläge für eine praktikable und variable Innenraumnutzung zu machen. Zum Ziel der Restaurierung wurde es schließlich, den Wagen – dessen originale Inneneinrichtung zum größten Teil unwiederbringlich verloren war – im ehemaligen 1.-Klasse-Abteil dem Originalzustand wieder anzunähern, den 2.-Klasse-Wagenteil jedoch nicht mehr aufzubauen, sondern den Innenraum unter bewusster Einbringung moderner Elemente zu einem Mehrzweck-Großraum umzurüsten.

    Ab dem Frühsommer 2009 lief die Waggonrestaurierung auf Hochtouren, auch über den strengen und kalten Winter 2009/10. Sie dauerte drei Jahre und trotzdem musste am Ende die originalgetreue Herrichtung des 1.-Klasse-Abteils abgebrochen und die ergänzte Bestuhlung weitgehend improvisiert werden, um die dringend benötigten Sitzplätze und wegen des Fristablaufs des Halbgepäckwagens vor allem das Mehrzweckabteil als Service-Stützpunkt in Betrieb nehmen zu können.

    Die ideelle Wagenpatenschaft hat die Stadt Detmold übernommen und mit Anbringung des Stadtwappens im Mai 2010 sichtbar gemacht. Seit Dezember 2013 steht der Wagen ununterbrochen im Betrieb.

  • Um den Mehrzweck-Charakter deutlich zu machen, entschied sich der Vorstand während der Restaurierung für eine rote Außenlackierung des Wagens und zugleich – nicht zuletzt auch, weil die Wiederherstellung des inneren Originalzustandes nahezu unmöglich schien – für eine Eingruppierung als Gesellschaftswagen (Gattung WG4yg). Äußerlich hatte der Wagen damit aber zumindest Vorbilder im Stuttgarter Vorortverkehr, wo solche Wagen (allerdings nur B4yg) als EM 65 in elektrischen Triebwageneinheiten der Baureihe ET/ES 65 liefen.

    Die Detmolder Strate-Brauerei, langjähriger Handelspartner der Landeseisenbahn, ergänzte das Outfit um einen zeitgenössischen Werbeschriftzug.

    Während das 1.-Klasse-Abteil, ebenfalls mit Speisetischen ausgerüstet (die aber zumindest abnehmbar sind), seither dem normalen Fahrgasteinsatz zur Verfügung steht, wurde das Mehrzweckabteil tatsächlich immer wieder zweckentsprechend genutzt. Etabliert hat sich inzwischen insbesondere der Einsatz als Buffetabteil, wenn es wieder an die Grünkohl- und sonstigen kulinarischen Erlebnisfahrten geht.

Für einen kurzen Zeitraum um 2013/2014 liefen sogar alle drei Umbauwagen gleichzeitig, sodass die LEL bei Bedarf einen typischen Nahverkehrszug der 1980er Jahre nachbilden konnte. Verschiedene Fristabläufe ließen jedoch immer wieder einen der anderen Wagen aus dem Betrieb gehen.

Im Sommer 2022 hat der Gesellschaftswagen schließlich doch wieder einen flaschengrünen und damit originalgetreuen Neulack erhalten. Der Verein beabsichtigt, spätestens zur nächsten Hauptuntersuchung die sorgfältige Restaurierung des 1.-Klasse-Abteils nachzuholen, außerdem hat sich die damalige Renovierung des WC als nicht praxisfreundlich erwiesen. Sehr sorgfältig ausgeführt wurde hingegen die Instandsetzung der Bordelektrik. Hier setzt der Gesellschaftswagen Maßstäbe für zukünftige Fahrzeugprojekte der LEL.