Schnellzugwagen 17 197


Die Fakten
Baujahr | 1937 |
Hersteller | Wagen-Fabrik H. Fuchs, Heidelberg |
Länge über Puffer | 21,24 m |
Gewicht | 39,0 t |
Höchstgeschwindigkeit | 120 km/h |
Anzahl Sitzplätze | 9 Abteile à 8 Plätze |
Drehgestelle | Görlitz III |
Geschichte
des Schnellzugwagens 17 197
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Der Schnellzugwagen 17 197 ist ein ehemaliger 3.-Klasse-Waggon und entstammt der Bauartgruppe 35. Er ist konstruktiv direkter Nachfolger der C4ü-28, denen auch unser zweiter Abteilwagen 16 223 zuzuzählen ist.
Mitte der 30er Jahre setzte die Deutsche Reichsbahn das Schweißverfahren bei der Beschaffung neuer Waggons als Regel-Herstellungsverfahren ein. Die Schnellzugwagen der Gruppe 28 waren noch genietet, die nachfolgenden Eilzugwagen der Gruppe 33 waren erstmals aus Gründen von Gewichtsreduzierung weitestgehend geschweißt. Aufgenietet auf die Dachspriegel wurden nur noch die Wagendächer aus Leichtmetall.
Nach diesen Waggons wurde schließlich auch die Herstellung neuer Schnellzugwagen auf Schweißung geändert, zudem erhielten die Wagen zur Erzielung besserer Strömungswerte Windleitbleche an den Wagenenden, die den eingezogenen Faltenbalgübergang sogar verdeckten. Parallel bestellte auch die Mitropa ihre Speise- und Schlafwagen nach diesen neuen Baumerkmalen, wie unser Speisewagen 1122 ebenfalls zeigt.
Der Wagen 17 197 verblieb nach Kriegsende 1945 im Bereich der österreichischen Staatseisenbahnen ÖBB. Er wurde Mitte der 70er Jahre grundlegend modernisiert, so bekam er statt der Faltenbälge die wartungsfreien Gummiwulste an den Übergängen, witterungsdichte gummigefasste Fenster, neue Sitze, modernisierte Toiletten sowie Hydraulikdämpfer zwischen Drehgestell und Wagenkasten. In diesem Zustand lief der Wagen noch bis 1992 im Raum Wien im Regionalverkehr Richtung Ungarn.
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Nach seiner Ausmusterung konnte der Wagen zusammen mit einer ganzen Reihe vormaliger Reichsbahn-Wagen (darunter auch Eilzug- und Schürzenwagen) von der Dampfbahn Kochertal im württembergischen Crailsheim erworben und nach Deutschland überführt werden. Dank ihrer deutschen Vorgeschichte war die Einsatzzulassung bei der Bundesbahn keine behördliche Schwierigkeit, und bis Ablauf der letzten Fristen wurden die Wagen im Museumsbetrieb im ganzen süddeutschen Raume eingesetzt. Danach gab die DBK einzelne Waggons ab – die Schürzenwagen stehen heute im Bayerischen Eisenbahnmuseum in Nördlingen, ein weiterer C4ü-35 ist beim historischen Dampfschnellzug der Ulmer Eisenbahnfreunde im Betrieb. Die Eilzugwagen blieben in Crailsheim.
Unser Waggon kam 2007 zunächst zu einem Privatmann ins saarländische Ostertal, wurde dort jedoch nicht fertig restauriert. 2016 haben wir den mittlerweile zum Verkauf angebotenen Wagen in Schwarzerden besichtigt und konnten ihn 2017 erwerben. Er fand seinen Weg über Bielefeld und Lemgo auf eigenen Rädern ins Extertal.
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Auf den ersten Blick wirkte das Fahrzeug bei seiner Ankunft noch recht ordentlich und vollständig. Doch der Teufel steckt wie immer im Detail – und Details gibt es auf fast 22 Metern Eisenbahnwagen eine ganze Menge.
Der letzte technische Stand des Wagens war die Einstellung der Wartung bei den ÖBB Anfang der 1990er Jahre. Eine durchgreifende Aufarbeitung hatte die Wagentechnik bisher nicht erfahren. Optisch zeigte sich fast unverändert das Design der 70er: helles Furnier, orange Plüschsitze, heute als „Retro“ quasi wieder total in.
Um zunächst keinen „Schandfleck“ auf dem Hof zu haben und vor allem Nachahmer abzuhalten, wurde die stark verunstaltete Außenseite kurzfristig bereits grün lackiert. Damit hatte man auch beim Vorbesitzer schon begonnen, eine Türnische war probeweise bereits grün, als der Wagen hier ankam. Dann aber begann der Rückbau der Innenverkleidungen, um alle Versorgungsleitungen erneuern, ersetzen oder an unsere technischen Erfordernisse anpassen zu können. Alle Teile wurden „sauber eingelagert“, doch nach vielen Jahren der Restaurierung und wechselnden Helfern glich der Zusammenbau 2024 trotzdem einem Puzzlespiel.
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In den Wänden verlaufen Wasserleitungen für die beiden Toiletten, Kabel für die Beleuchtung, die Lautsprecher, Heizungsrohre und Drahtzüge der Notbremse. Von der alten Dampf- und E-Heizung haben wir uns getrennt, nicht zuletzt aus Platzgründen, denn der Seitengang wäre sonst für die Bedürfnisse unseres bewirtschafteten Museumsverkehrs zu eng gewesen. Rohre und Kabel wurden, wo nötig, aufgearbeitet und an die heutigen Anforderungen angepasst.
Dabei war es uns wichtig, so viele Originalteile wie möglich wieder einzubauen und sei es nur, um die Optik zu erhalten. So sind alte Heizungsschalter in den Abteilen heute ohne Funktion, dafür brennen moderne LED-Röhren in den alten Lampenfassungen.
Auch unter dem Wagen wartete viel Arbeit. Wie bei einer umfassenden Hauptuntersuchung auch, wurden Drehgestelle, Bremsanlage, Batterien, Puffer und Kupplungen überprüft und instandgesetzt – oder, wie wir Eisenbahner sagen: „gefristet“. Immer, wenn Zeit war, kümmerten sich die jeweiligen Fachleute um ihre Aufgaben.
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Natürlich blieben auch Fehlschläge, Unterbrechungen oder Experimente nicht aus – jeder von uns arbeitet(e) rein im Ehrenamt an dem Wagen und niemand wusste, wie die ÖBB ihn zusammengesetzt hatten. Die gesamte Fahrzeugdecke und alle Stirnwände waren geöffnet, Fensterrahmen ausgebaut (der Wagen hat, einzigartig in unserem Wagenpark, gummigefasste Außenschiebefenster), der alte Fußboden wurde entfernt, eine Toilette wieder mit Originalteilen komplett eingerichtet und Sitze neu bezogen.
Im Laufe des Jahres 2024 begann sich dann ein Ende des Dauerprojekts abzuzeichnen. Eine neu gebildete Arbeitsgruppe nahm sich zum Ziel, die Fertigstellung des Wagens zu fokussieren. Die „sauber eingelagerten“ Teile waren in all den Jahren durch verschiedene Regale und Hände gewandert, aber irgendwie fand sich schließlich doch alles wieder zusammen. Bis hin zur letzten originalgetreuen Messingleiste, den Reservierungsschildhaltern, im 3D-Drucker reproduzierten Lampenabdeckungen und wiederhergestellten Beschriftungen im letzten ÖBB-Design soll der Wagen jetzt die Zeit zeigen, in der ihn die ÖBB zuletzt grundsaniert hatten. Bewusst haben wir uns dagegen entschieden, wie beim Fährwagen einen Rückbau „in den Stil der 30er Jahre“ zu versuchen. Hierzu wären weder Pläne noch Originalteile verfügbar gewesen.
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Ursprünglich war der Wagen als direkter Ersatz für den Umbauwagen 75 548 vorgesehen, eine so zeitnahe Aufarbeitung konnte aber nicht umgesetzt werden. Dadurch fehlte über Jahre eine gewisse Sitzplatzzahl im Zug. Nun aber hatte er endlich seine Jungfernfahrt: am 28. und 29.03.2025 lief das intern als Wagen 18 (oder einfach: „Österreicher“) bezeichnete Fahrzeug im Schlemmerexpress mit.
Bei Personal und Fahrgästen kam der Wagen gut an und betrieblich zeichnet er sich besonders durch seine hohe Laufruhe aus. Kleinere Mängel, die noch aufgetaucht sind, werden nun kurzfrsitig behoben und zu den Osterfahrten kommt der neue Wagen dann direkt wieder zum Einsatz.