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Kulinarische Museumsbahn: Fahrgastservice bei der LEL

  • Ein alter Speisewagen aus den 30er Jahren, dazu eine landschaftlich schöne Strecke und auf dem Teller vor einem ein leckeres Essen. Das ist das Konzept, welches die LEL seit dem Jahre 2008 mit immer wieder neuen Ideen stetig weiter ausbaut: Die „kulinarische Museumsbahn“. Wie oft wurde das Serviceteam für seine Freundlichkeit und die gute Bewirtung von den Fahrgästen gelobt. Doch wer steht eigentlich hinter diesem so genannten Serviceteam?

    Am Anfang war eine Idee. Nach einem betrieblichen Tiefpunkt mit Inselbetrieb Bösingfeld-Alverdissen und einer organisatorischen Neuaufstellung begann die LEL, im Jahre 2008 wieder nach vorne zu schauen und den Sprung ins Begatal zu wagen. Hier mussten natürlich auch neue Konzepte her, um die Strecke mit attraktiven Angeboten zu bedienen. Schnell war klar, dass – zumindest bei dem von der LEL verfolgten Fahrzeugkonzept – das bloße Eisenbahnfahren den Ansprüchen des Publikums nicht gerecht werden würde. Zu wenig originalgetreu waren die Wagen hergerichtet und zu wenig betriebliche Besonderheiten bot die neue „Standardeisenbahn“ zwischen Dörentrup und Barntrup. Dafür standen wegen der Angebotsklassiker Nikolaus- und Osterfahrten in allen Wagen Tische sowie im Speisewagen eine leistungsfähige Küche zur Verfügung.

  • An dieser Stelle begann die bis heute treibende Kraft Cäcilia „Cilly“ Hausdorf ihr Wirken. Die gelernte Hauswirtschafterin aus Aerzen trug die Grundidee eines „rollenden Restaurants“ in den Vorstand der LEL hinein und fand insbesondere in Jochen Brunsiek einen begeisterten Befürworter.

    Als die Begatalbahn befahrbar war und bei der LEL erstmals im Jahre 2008 eine Fernfahrt über die Grenzen Nordlippes hinaus auf dem Programm stand, wurden die Fahrgäste bereits mit Frühstück und Lunchpaketen versorgt. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten und in den Folgejahren wurden Cillys Menüs fester Bestandteil der Fernfahrten. Auf den immer länger werdenden Reisen konnten sich die Fahrgäste frische Brötchen, Frikadellen und Kartoffelsalat oder Süßspeisen schmecken lassen und so die Fahrt nach Hamburg, Norderney und Goslar im wahrsten Sinne des Wortes genießen.

  • Für die Regelbetriebstage im eigenen Netz entwickelte die LEL parallel schon früh gastronomische Zusatzangebote, um das Publikum für eine Museumsbahnfahrt zu begeistern. Jeder Planfahrtag glich so nahezu einer Vollpension, konnte der Fahrgast doch zwischen „Frühstück im Zug“ auf der Vormittagsfahrt, dem „Schlemmerticket“ auf der Mittagsfahrt und Kaffee und Kuchen auf der Abschlusstour am Nachmittag wählen.

    Die „Klassiker“ Nikolaus und Ostern wären früher wie heute ebenfalls ohne die angemessene Bewirtung der großen und kleinen Fahrgäste mit Kaffee, Saft und Kuchen undenkbar.

    Doch was der Fahrgast nicht sieht, ist die umfangreiche Logistik, die all diese Angebote überhaupt erst möglich macht.

Ein typischer Nikolausfahrtag

Ein typischer Nikolausfahrtag (Abfahrtszeit des ersten Zuges um 14:00 Uhr) beginnt morgens um neun im Halbgepäckwagen. Der Zugführer schließt als erste Amtshandlung die Türen auf und bringt die Heizungen in Gang. Zeitgleich treffen Cilly und ihr Walter ein und entladen erst einmal ihr Auto: Kaffeekannen, Geschirr, Getränke, Küchengeräte und vieles andere mehr wechseln ihren Platz und werden in den Regalen des Halbgepäckabteils, damals eigens für diese Zwecke auf- und eingebaut von Walter höchstpersönlich, bereitgelegt. Jedes Teil hat nach all den Jahren seinen festen Platz und jeder Handgriff sitzt. Von dem eigentlichen Gepäckabteil nach Bundesbahn-Standard ist hinter der Tür, die den Fahrgästen mit der Aufschrift „Dienstraum“ den Zutritt verbietet, ohnehin nicht mehr viel zu sehen. Andere Museumsbahnen nutzen solche Abteile für betriebliches Gerät oder den Fahrradtransport, bei der LEL ist hier inzwischen ein Allround-Stützpunkt für die Zuggastronomie entstanden. Ringsum existieren 230V-Anschlüsse für die insgesamt zwei Kühltruhen und den großen Kühlschrank, in denen rund um die Uhr Getränke für Fahrgäste und Personal bereitliegen. Zwei große Wandregale beherbergen alle Utensilien, die immer mal benötigt werden, sowie einen großen Teil der haltbaren Lebensmittel. Gerade zu Nikolaus und Ostern türmen sich hier die kleinen Geschenke, die an die Kinder unter den Fahrgästen weitergegeben werden wollen. Auf einer Seite befindet sich zudem die große Arbeitsplatte, auf der Brötchen geschmiert, Kuchen geschnitten oder Lunchpakete gepackt werden können. Schräg gegenüber haben die beiden Servicewagen, mit denen LEL-Aktive die Fahrgäste am Platz bedienen, ihren Parkplatz. Einzig ein Frischwasseranschluss existiert in diesem Abteil nicht, aber hierfür gibt es den Speisewagen mit seiner kleinen, aber leistungsfähigen Küche. Gegen zehn Uhr fährt ein Bulli auf den ansonsten noch verwaisten Hof: Der Kuchen kommt. Die LEL kauft ihren Kuchen seit Jahren bei befreundeten Bäckereien vor Ort ein, die auch sonntags früh frisch produzieren. Mehrere große Bleche wandern nun ebenfalls noch in den Halbgepäckwagen und lassen das Abteil so langsam voll aussehen. Erste Aufgabe ist daher das Schneiden der Kuchenstücke und die platzsparende Lagerung auf kleineren Kuchentellern. Während nun also im inzwischen aufgewärmten Halbgepäckabteil die Vorbereitungen auf Hochtouren laufen, treffen weitere Servicekräfte ein, meistens unser Geschäftsführer Walter Meier, Christina und Tim, Britta oder Beate, die sich um die Küche im Speisewagen kümmern. Der Zugführer, nach dem Einschalten der Heizungen weiter voll im Einsatz, füllt nun Frischwasser in die Tanks der Wagen und ist hoffentlich schon mit dem Speisewagen fertig. Denn nun wird hier Kaffee gekocht und das in rauen Mengen. Je nach Anlass werden auch Heißwürstchen gekocht und natürlich immer wieder heißes Wasser für den Abwasch bereitgestellt. In dem engen Raum wird es deswegen auch ohne Heizung schnell warm. Spätestens, wenn auch die weiteren Jugendlichen, traditionell Raphael, Jan-Philipp und Fabian, eingetroffen sind, beginnt das große Dekorieren: Für jeden neuen Fahrtag lässt Cilly sich eine nette Tischbeschmückung einfallen, entweder kleine Topfblumen oder zu Nikolaus ein wenig Weihnachtsgrün. Schöne Servietten verleihen dem Ganzen einen letzten Schliff. Aufgabe der Servicemannschaft ist es nun, die Tische noch einmal feucht abzuwischen und dann überall die Deko einzurichten. Gegen Mittag treffen sich dann meistens noch einmal alle an diesem Tag aktiven Helfer, aus Betrieb wie vom Serviceteam, und werden von Cilly durch ein kleines aber feines Mittagessen verwöhnt. Frei nach dem Motto „ohne Mampf kein Kampf“ genießt man die Gemeinschaft in der angenehmen Gesprächsatmosphäre und bereitet sich auf die Fahrt vor. Wie im Flug vergeht die Zeit und auf einmal ertönt ein dumpfes Wummern: Die Diesellok ist angelassen und das Betriebspersonal möchte den Zug gleich am Bahnsteig bereitstellen. Jetzt muss der Fahrgastraum „fertig“ sein und die Servicekräfte beziehen ihre Positionen in Küche und Gepäckabteil, um für die kommenden zwei Fahrten kräftig anpacken zu können, wenn 200 Fahrgäste innerhalb einer Stunde mit Kaffee und Kuchen am Platz versorgt werden möchten. Der Zugführer muss nun in den mitgeführten Güterwagen klettern und den Generator anlassen. Denn bisher hat der Wagenzug seinen Strom aus einer örtlichen Versorgung bezogen. Um unterwegs nicht auf dem Trockenen zu sitzen, wird es jetzt im Güterwagen laut: Ein kleiner Viertaktstromerzeuger beginnt seinen Dienst und wird sich hoffentlich den Tag über wacker schlagen, wenn Beleuchtung, Würstchenkocher und Kühlschränke ihm fast alles abverlangen. Die Fahrgäste, die kurz darauf am Bahnsteig ihre Plätze im Zug einnehmen, bekommen von all dem in der Regel nichts mit. Das LEL-Serviceteam begegnet ihnen erst, wenn die freundlichen Aktiven mit dem großen Servicewagen vorbeikommen und Speisen und Getränke anbieten. Und darin liegt die große Kunst des Service, die unsere Aktiven immer wieder vorbildlich beherrschen: Dem Fahrgast nur die Annehmlichkeiten zu bieten und alles andere einfach funktionieren zu lassen. Denn nur so begründet sich ein guter Ruf; fehlt einmal auch nur eine Kleinigkeit, ist es meistens diese, die zuerst beim Fahrgast im Gedächtnis haften bleibt und die Bewertung des Ganzen maßgeblich bestimmt. Doch auch das interne Miteinander der Servicemann- und -frauschaft trägt entscheidend zu diesem Erfolg bei. Denn die Arbeit in einem netten Team macht noch einmal genau so viel Spaß und glückliches und engagiertes Personal bleibt schließlich auch den Fahrgästen positiv in Erinnerung
  • Erstmals im Jahre 2009 kam eine ganz neue Idee auf, die es bisher bei der LEL noch nicht gegeben hatte: Der Zug als rollendes Restaurant für ein mehrgängiges Menü. Während mit dem „Schlemmerticket“ auf Regelfahrten die Fahrgäste im Bahnhof Farmbeck ausstiegen und das dortige Restaurant „Landhaus Begatal“ aufsuchten, sollte es nun während der Fahrt ein opulentes Menü geben. Einstimmig angenommen wurde der Vorschlag, ein regionales Essen anzubieten und einen deftigen Grünkohlteller mit Schinken und Kartoffeln zu servieren.

    Schnell war klar, dass die Idee gut, aber mit dem vorhandenen System nicht umzusetzen war. Die Zubereitung der verschiedenen Zutaten im Halbgepäckabteil und auch der Transport der einzelnen Teller auf den Servicewagen war nicht zeitgerecht möglich; das Essen wäre dann wohl kalt gewesen. Glücklicherweise hatte die LEL just in diesem Jahr erstmals ihren neuen Gesellschaftswagen mit einem großen Multifunktionsabteil in Betrieb genommen. Also wurde als eine dieser Funktionen jetzt die als Buffetwagen ausgewählt und die großen Töpfe und Pfannen mit den vom Vereinswirt Dragan in seinem Restaurant „Zum grünen Tal“ in Asmissen frisch zubereiteten Spezialitäten zur Selbstbedienung dort aufgestellt. Der Wagen wurde so in den Zug gekuppelt, dass die Fahrgäste in kleinen Gruppen nacheinander auf kurzen Wegen zum Buffet kamen und dann am Platz das Hauptgericht verspeisen konnten. Um die Gefahren für insbesondere die nachfragestarke Generation 60+ dabei möglichst gering zu halten, wurde der Zug extra hierfür auf freier Strecke angehalten. Zur anschließenden Verdauung mit Kaltgetränken aus dem Speisewagen ging die Fahrt danach einmal nach Dörentrup und zurück.

    Dieses Konzept schlug ein wie eine Bombe. Die Nachfrage nach der inzwischen fest programmierten Grünkohlfahrt am 1.11. eines jeden Jahres ist bis heute ungebrochen.

    Schon bald wurde ein Pendant im Frühjahr angeboten: Die „Schlemmerfahrt“, bei der es keinen Grünkohl, sondern Krustenbraten gab, ebenfalls mit Buffet und Essenshalt im Extertal und anschließender Fahrt nach Dörentrup und zurück.

    Jüngster Erfolg der LEL-Servicemannschaft ist die Oktoberfestfahrt im September 2013 gewesen. Stilecht in Dirndl und Lederhosen kredenzten die Aktiven ihren Fahrgästen Schweinshaxe und Festbier und sorgten mit Unterstützung eines Blasorchesters für eine unterhaltsame Zugfahrt zwischen Bösingfeld und Dörentrup.

  • Es ist wohl nicht vermessen, an dieser Stelle zu sagen, dass der Service neben dem Betrieb ein mindestens gleichwertiges Rückgrat geworden ist. Die attraktiven gastronomischen Angebote haben insbesondere in der heimatlichen Region ein großes neues Publikum erschlossen, auf das die Museumsbahn in hohem Maße angewiesen ist. Gerade die Zielgruppe 60+ wird durch das gemütliche „Dahinschunkeln“ der alten Wagen an ihre Kindheit erinnert und genießt dazu kulinarischen Spezialitäten. Diese Symbiose aus Eisenbahn und Erlebnisgastronomie macht einen besonderen Reiz aus, der die LEL von anderen Museumsbahnen abhebt – mit Erfolg.

    Für ihre bisherigen Leistungen und das fortwährende Engagement gilt daher allen Aktiven der LEL-Servicemannschaft unser Dank!

    Sind Sie durch diesen Artikel neugierig geworden? Wollen Sie vielleicht selbst einmal im Service mithelfen? Dann melden sie sich bei uns, denn gerade im letzten Jahr sind einige ältere Mitstreiter in den wohlverdienten „LEL-Ruhestand“ gegangen. In unserem Serviceteam ist jeder willkommen, der sich mit Liebe und Freundlichkeit ehrenamtlich einbringen will!

    Golo und Raphael Kahlert im Oktober 2013