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Meilenstein für die Landeseisenbahn
Großbaustelle abgeschlossen
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Großbauprojekte sind oft mit negativer Presse behaftet: Kostenexplosionen, zeitliche Rahmen, die nicht eingehalten werden, verärgerte Beteiligte…
Dass es auch anders laufen kann, davon konnten sich Vertreter der Bezirksregierung Detmold, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe, der Verkehrsbetriebe Extertal und der Anrainerkommunen Barntrup und Extertal am vergangenen Mittwoch bei der „Bauendabnahme“ der Extertalbahn überzeugen.
Volle Einhaltung des Kostenrahmens und des Zeitplans verkündeten die beiden Projektleiter des Vereins Landeseisenbahn Lippe, Raphael Kahlert und Jan-Philipp Tönebön, stolz.
Und dieser Zeitplan war gar nicht mal lang: Im Januar diesen Jahres gab es als „nachträgliches Weihnachtsgeschenk“ durch das Land NRW einen Förderbescheid über 418.238,- € der im April durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz um weitere 89.600,- € aufgestockt wurde. Wie berichtet, galt es damit nicht weniger als 1.600 marode Holzschwellen im Streckengleis sowie drei Weichenschwellensätze zu erneuern und einige Nebenarbeiten zu verrichten – und das alles unter den strengen Auflagen des Denkmalschutzes. Nach historischem Vorbild wurden die Holzschwellen ausgetauscht und mit noch in den Lagerbeständen vorhandenen sogenannten Doppelkopffedernägeln, längst nicht mehr als Neuteile zu erhalten, mit den Gleisen verspannt. Über das Frühjahr streckte sich die Angebotsphase mit Besichtigungen der Örtlichkeiten – es war gar nicht so einfach, eine Gleisbaufirma zu finden, die nach dieser historischen Art die Arbeiten ausführt.
Mit der Firma Stefen GmbH aus Oldenburg konnte ein Unternehmen gefunden werden, welches im Nebenbahnbau zu Hause ist und die besondere Herausforderung der Arbeiten bei der Extertalbahn annehmen wollte. Ole Schröder, Bauleiter der Fa. Stefen, erklärt: „Normalerweise werden im heutigen Gleisbau Betonschwellen verwendet, die können beim Schwellenwechsel mit dem Schlagschrauber vorgespannt werden und anschließend werden mit der Schraubmaschine die Schienen darauf fest verspannt. Hier im Extertal gestaltet sich das anders. Die alten Federnägel müssen beim Ausbau zunächst vorsichtig aus den Holzschwellen gezogen werden und anschließend mit dem mechanischen Stemmhammer unter einigem Kraftaufwand in die neuen Schwellen eingeschlagen werden.“
Hinzu kommt die Problematik, dass bei der Angebotserstellung nicht abzusehen war, was einen im Untergrund erwartet: „Wir bauen hier im Bestand einer Eisenbahnlinie, die vor 100 Jahren gebaut und zuletzt vor 40 Jahren grundlegend saniert wurde“, weiß der örtliche Betriebsleiter der Extertalbahn, Raphael Kahlert, der die Bauarbeiten von technischer Seite betreute. Eine Baustelle mit vielen Unbekannten stand auf dem Programm.
Die Vertreter von Förderstellen, Politik und Verwaltung waren sich einig: „Großartig und einmalig, was hier geleistet wird.“ Der ambitionierte Plan des Vereins Landeseisenbahn Lippe, die elektrische Extertalbahn langfristig betriebsfähig zu erhalten, wird Jahr für Jahr mit einem weiteren Baustein umgesetzt. So reiht sich an die Sanierung der Fahrleitungsmasten, die Hauptuntersuchung der E-Lok 22 und den Wiederaufbau der Fahrleitung nach Barntrup im letzten Jahr nunmehr die Sanierung der ersten Holzschwellen in diesem Jahr.
Dabei wurden die Bauprojekte stets so umgesetzt, dass die touristischen Fahrten am Wochenende nicht beeinträchtigt wurden und die Lipper und ihre Gäste das Denkmal erleben und erfahren konnten. Um nur ein Beispiel für die Beliebtheit und den Standortfaktor der Bahn zu nennen: bei den bevorstehenden Nikolausfahrten wird die Extertalbahn über 1.500 kleinen und großen Fahrgästen eine ganz besondere Freude bereiten – die Nikolauszüge sind bereits seit Wochen restlos ausverkauft.
So ist die kleine Bahn auch nach knapp 100 Jahren ihres Bestehens nicht wegzudenken und ein Zugpferd für Kultur und Touristik in der Region!
Doch um genau das auch auf lange Sicht zu ermöglichen, wird es weiteren Engagements bedürfen – auch finanziell. „Auf der gesamten Infrastruktur gibt es seit mehreren Jahrzenten einen Investitionsstau. Durch die umgesetzten Projekte konnten die gravierendsten Mängel zwar abgestellt werden, es bleibt jedoch viel zu tun“, erläutert Jan-Philipp Tönebön. Dabei sehen sich die Aktiven der Landeseisenbahn vor denselben Problemen, die aktuell auch gesamtgesellschaftlich bestehen: Eigenmittel in dieser Dimension sind nicht vorhanden, während Förderungen wegen der Haushaltslage zurückgefahren werden. Und doch hängt der Weiterbetrieb dieses ganz besonderen technischen Denkmals letztlich von den Entscheidungsträgern der Region ab, der es zugutekommt. Dafür müssen auch in Zukunft alle Verantwortlichen an einem Strang ziehen.